Empathie für Schweine ausgerechnet bei der CDU?
Was macht man mit ca. 1500 Schweinen, deren Stall gerade in einem flammenden Inferno aufgegangen ist? Wie soll man sie adäquat versorgen in diesem Chaos? Füttern und Tränken? Für einen solchen Fall gibt es keine Planungen. Leere Ställe stehen nicht hinter der nächsten Kreuzung einfach so parat.
Am 30. und 31.03.2021 stellte sich diese Frage aber sowohl für den Betreiber der Schweinezucht Alt Tellin als auch den Bediensteten der beteiligten Behörden. Die Vermutung der Tierschützer:innen vor Ort lag daher nahe: Die Tiere werden abtransportiert, um getötet zu werden. Die einfachste Lösung für Tiere, deren einziger Lebenszweck die Ausbeutung als Gebärmaschinen und der anschließende Tod im Schlachthof ist. Wir wollten in den Tagen nach der Katastrophe allerdings vorerst nicht glauben, dass dies tatsächlich passiert ist.
Doch wie gelangt man nun an die Wahrheit? Wer kann die Frage nach dem tatsächlichen Verbleib der Tiere beantworten? Wir entschieden uns daher, den zuständigen Amtsveterinär des Kreises Vorpommern-Greifswald, Dr. Holger Vogel (CDU), anzuschreiben. Er ist pikanterweise auch Mitglied des Präsidiums der Bundestierärztekammer. Von ihm erhofften wir uns Auskunft zur Frage, was mit den überlebenden Schweinen passiert ist.
Wir warteten 10 Tage vergeblich auf eine Antwort. Einem Tierschutzverein zu antworten schien dem Präsidenten des Bundesverbandes beamteter Tierärzte zu viel Arbeit. Überhaupt sind Tierschützer:innen und Tierrechtler:innen vielen Veterinärämtern ein Dorn im Auge. Weil wir ihre Arbeit kritisch hinterfragen und Skandale aufdecken, die eigentlich diese Behörden verhindern sollten. Es war daher zu erwarten, dass unsere Anfrage bei Herrn Dr. Vogel im Papierkorb landete. Vielleicht war sein Job als zuständiger Amtsveterinär des Kreises Vorpommern-Greifswald auch nur ein Hobby, da er neben dem Vorsitz des Bundesverbandes auch noch die Rolle eines Bürgermeisters ausfüllen muss.
Daher entschlossen wir uns, den Landrat des Kreises – Herrn Michael Sack (CDU) – persönlich anzuschreiben. Als direkter Vorgesetzter des leitenden Amtsveterinärs Vogel sollte er doch Interesse daran haben, dass seine Behörde nicht unter den Verdacht der Vertuschung gerät. Aber bislang hatte der Landrat ebenfalls keinerlei Stellungnahme zum Brand abgegeben. Und so verwunderte es nicht, dass auch er für die Beantwortung unseres Schreibens keine Zeit hatte. Doch immerhin antwortete uns sein Stellvertreter, Herr Jörg Hasselmann, ebenfalls CDU. Der Jörg Hasselmann, der später kommentierte, dass der Brand von Alt Tellin keine Katastrophe war.
Unser Schreiben an den Landrat war empathisch formuliert und neben dem Leid der Schweine bezogen wir uns auch auf das Grauen, das die helfenden Menschen vor Ort miterleben mussten. Die Antwort von Herrn Hasselmann fiel erstaunlich mitfühlend aus. Auch er beschrieb, dass sowohl ihm als auch seinen Mitarbeiter:innen die Geschehnisse „an die Nieren gegangen“ waren.
Auf unsere Anfrage gab Herr Hasselmann dann eine sehr konkrete Antwort: Die Schweine waren über Nacht in einer Silage-Anlage untergebracht und am nächsten Tag in einen anderen Betrieb der gleichen Unternehmensgruppe gebracht worden. Sollten die Aussagen der LFD also korrekt gewesen sein?
Eine konkrete Nennung des Betriebes, der die überlebenden Schweine von Alt Tellin aufgenommen hatte, konnten wir natürlich nicht erwarten. Aber unsere Hoffnung, doch mindestens zwei dieser Schweine wirklich retten zu können, war wieder verstärkt worden.
Sie waren (noch) nicht tot. Aber wie sollten wir als Tierrechtler:innen die LFD dazu bewegen, zwei Schweine tatsächlich zu bekommen? Sollten wir direkt fragen oder anonym an den Vertrieb herantreten? Welche Menschen und Organisationen könnten wir um Hilfe in dieser Angelegenheit bitten? All diese Fragen bewegten uns und wir wollten nicht locker lassen. Projekt Helga und Gundel durfte nicht scheitern. Und die Schweine von Alt Tellin sollten niemals vergessen werden.
Im vierten Teil unserer Artikelserie schildern wir, wie wir erstmaligen Kontakt mit der LFD aufnahmen und versuchten, weitere Hilfe für unsere Rettungsaktion zu erhalten. Sollte es die Tierschutzbeauftragte der Grünen, Frau Renate Künast sein, die uns weiterhilft? Ihr Video auf Twitter gab uns Hoffnung.
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