Heute ist Tag 183 nach der grauenhaften Katastrophe von Alt Tellin. Am 30.03.2021 verbrannten in einem dünn besiedelten Landstrich von Mecklenburg-Vorpommern 57.000 Schweine.
Bereits vor diesem Brand war die Anlage, betrieben von der LFD Holding und im Besitz einer dubiosen Schweizer Briefkastenfirma namens „Terra Grundwerte AG“, Gegenstand von Bürgerprotesten und diversen Vorfällen und Skandalen. Das vor dem Verwaltungsgericht Greifswald anhängige Klageverfahren gegen den Betrieb lag seit mehreren Jahren auf Eis. Und am 30.03.2021 kam es aus von offizieller Seite immer noch ungeklärter Ursache zu einem Brand in einem Teilbereich der Anlage.

Die Tiere wurden nicht gerettet. Am Ende ließ die Feuerwehr alle Ställe “kontrolliert abbrennen”. Lediglich 1300 Schweine wurden aus einem der Ställe ins Freie gelassen. Alle anderen Tiere verbrannten bei lebendigem Leib oder erstickten im schwarzen Rauch.

Im Brandfall war eine Rettung schlicht nicht vorgesehen. Das geben heute inzwischen auch Vertreter der Behörden zu, die diese Anlage am Ende genehmigt und durchgewunken haben. Arbeitsplätze und Steuergelder – vielleicht auch Schmiergelder – zählen in diesem Land mehr, als das Leben von Tieren.
Zumal Schweine als „Nutztiere“ keinen Stellenwert besitzen. Die Schweinepreise waren schon eine Weile im Keller. Die Afrikanische Schweinepest im Land und die Exporte weggebrochen. Dann trifft es sich gut, wenn der Großbetrieb fernab im Nirgendwo steht und nur eine kleine freiwillige Feuerwehreinheit in der Nähe Dienst hat.

183 Tage sind inzwischen vergangen. Die Brandursache ist weiterhin ungeklärt, denn die Ermittlungen genießen natürlich keine Priorität. Die zuständige Staatsanwaltschaft vertröstet und verweist auf den Brandgutachter, der auch nach 6 Monaten angeblich noch ermittelt. Sämtliche Nachfragen werden durch diese vorgeschobene Begründung abgewiegelt.

Und so sind auch heute noch alle Täter auf freiem Fuß. Die Bediensteten der Behörden, die die Genehmigung erteilten, genauso wie die Politiker, die dafür gesorgt haben, dass diese Höllenanlage überhaupt gebaut werden konnte. Die Betreiberfirma darf ihre anderen Betriebe, die in der Größe und Bauart vergleichbar sind, ebenfalls weiterführen. Es ist fast so, als sei nichts geschehen.

Lediglich Tierschützer:innen und Tierrechtler:innen halten das Gedenken an die Schweine von Alt Tellin aufrecht. Mit wöchentlichen Mahnwachen vor der Brandruine. Mit einer eingerichteten Gedenkstätte in Möllenbeck am 31.07.2021, auf der insgesamt 74 Kreuze erinnern. Und mit einer großen Demo am 28.08.2021 an der Brandruine in Alt Tellin wurden bereits Zeichen gesetzt.

Seit dem Tag des Brandes gehen uns die Schweine von Alt Tellin jedenfalls nicht mehr aus dem Kopf. Und jeden Tag, der seit dieser Katastrophe vergangen ist, sammeln wir einen weiteren Stein ein. Bis zu dem Tag, an dem die verantwortlichen Täter zur Rechenschaft gezogen wurden.
Wir fragen uns natürlich, wie viele Steine bis zur Veröffentlichung der Brandursache noch gesammelt werden müssen. Oder bis zu dem Tag, an dem es durch ein theoretisches Strafverfahren gegen den Betreiber und andere Helfershelfer zu einem Urteil kommt.

Nach einem halben Jahr steht jedenfalls eines unweigerlich fest: Den Behörden scheint jedes Mittel recht, das Verfahren und die Ermittlungen in die Länge zu ziehen. Denn es waren ja nur Schweine.