…oder ewig Schweigen die Verantwortlichen
Den fatalen Morgen des 30.03.2021 haben wir noch gut in Erinnerung. Uns erreichte die Nachricht über den Brand in Europas größter Schweinezucht in Alt Tellin gegen späten Vormittag. Zu dem Zeitpunkt war nur darüber berichtet worden, dass zwei Hallen mit insgesamt ca. 5000 Tieren brennen.
Natürlich hegten wir aus der Entfernung die Hoffnung, dass Tiere gerettet würden. Doch diese Hoffnung wurde nicht erfüllt. Die baulichen Gegebenheiten sowie die nur wenigen Feuerwehrleute und die unfassbare Anzahl der Tiere machten dies wohl unmöglich. Am Ende verbrannten und erstickten an diesem Tag weit über 50.000 Schweine.
Wie unmöglich es am Ende war, wie schwer sich die Löschung vor Ort tatsächlich gestaltete. Wer oder was das Feuer verursacht hat. Warum diese Anlage überhaupt genehmigt, gebaut und betrieben werden konnte. Warum nach einer Vielzahl von Vorfällen im Betrieb dieser weitermachen konnte als wäre nichts gewesen. All das ist nach wie vor ungeklärt und nicht aufgearbeitet.
Allein der Vorfall mit 1000 erstickten Ferkeln im Jahr 2019 hätte zu einer umfassenden Überprüfung aller tierschutzrelevanten Aspekte führen müssen. Und dazu gehört auch der Brandschutz. In allen großen Anlagen mit vielen Tausend Tieren wird in Deutschland nach der Maxime verfahren: „wird schon nicht brennen“. Und wenn, ja dann verbrennen ja nur Sachen und man hat einen Sachschaden. Denn die Nutztiere, die sterben sowieso. Sind Sachen, keine Tiere mit Gefühlen und Rechten.
Und so sind am besagten 30.03.2021 insgesamt 57.000 Schweine bei lebendigem Leibe verbrannt oder erstickt. Macht in der Gesamtbilanz des 30.03. „nur“ 30 % mehr tote Schweine. Denn in Deutschland werden Tag für Tag über 150.000 Schweine – ebenfalls qualvoll – getötet. Und nicht tot gestreichelt, wie sich das manch Verbraucher und Verantwortlicher wohl denkt.
Ein Lebensrecht sprechen wir diesen Tieren ohnehin ab. Es sind für die deutsche Gesellschaft „Nutztiere“, die wir auch explizit aus weiten Teilen des Tierschutzgesetzes ausklammern. Dafür gibt es dann für diese Tiere die „Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung“. Wobei das Wort Tierschutz darin für uns Tierschützer und Tierrechtler blanker Hohn ist.
Es ist legitim in Deutschland, ein 109 kg schweres Schwein auf 0,75 m² zu halten. Und Muttersauen in hautenge Käfige zu sperren. Über 7000 von diesen armen, eingesperrten Muttertieren sind am 30.03.2021 in ihren stählernen Gefängnissen verbrannt. Sie hörten die Schreie ihrer Artgenossen aus den schon brennenden Ställen. Mussten mit ansehen, wie die Rauchschwaden auch in ihren Stall zogen. Oder die Flammenwand verbrannte sie bei lebendigem Leib.
Szenen, die uns kein einziger Horrorfilm aus Hollywood zeigen würde. Weil sie zu grausam wären. Aber es ist passiert. Denn Alt Tellin ist passiert. Und solche Brände sind in Deutschland an der Tagesordnung.
Die Politiker als Teil der Legislative, die Behörden als Exekutive und die Verwaltungsrichter als die Judikative. Sie alle haben Blut an den Fingern. Schuld an dem Brand. Jeder einzelne von ihnen. Und es ist Zeit, dass all diese Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Wenn also die gesamten Staatsorgane im Fall Alt Tellin versagt haben. Und in anderen Fällen auch. Was sagt das über Deutschland als Gesellschaft aus? Wenn auch 12 Wochen nach dem schlimmsten Brand in der Geschichte der deutschen Schweinehaltung immer noch betretenes Schweigen im Walde der Verantwortlichen herrscht?
Wir sind genauso entsetzt wie schon am 30. März, an dem so viele Schweineleben in Alt Tellin für immer erloschen sind. Und werden auch in Zukunft nicht aufhören, an sie zu erinnern. Sie dürfen niemals vergessen werden.
Am 31.07.2021 werden wir unsere gemeinsame Gedenkstätte zusammen mit dem Verein SchweineHund e.V. in Möllenbeck eröffnen. Wer von unserer Kreuzaktion für die verbrannten Schweine von Alt Tellin noch nichts gehört hat, findet dazu Informationen auf unserer Website:
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