
Haltungsformen für Schweine
💡 Tierwohl-Label? Warum wir genauer hinsehen müssen.
Ob „Haltungsform 2“, „Tierwohl-geprüft“ oder „Mehr Platz im Stall“ – im Supermarkt vermitteln viele Labels den Eindruck, dass es den Tieren heute besser geht. Doch hinter diesen Bezeichnungen verbirgt sich vor allem eines: eine Beruhigung des Gewissens, nicht aber echtes Tierwohl.
Aus Sicht des Tierschutzes mögen sich die Bedingungen leicht verbessert haben – aus tierrechtlicher Sicht jedoch bleibt das Grundproblem bestehen: Kein Schwein möchte auf Spaltenboden leben. Kein Schwein möchte eingepfercht sein, ohne Zugang zu frischer Luft, Erde oder Sonne. Kein Schwein möchte nach wenigen Monaten getötet werden – ganz gleich, wie viele Quadratmeter ihm zur Verfügung standen.
Die sogenannten Verbesserungen ändern nichts am System: Tiere werden weiterhin als Ware betrachtet, ihre natürlichen Bedürfnisse ignoriert und ihre Leben nach menschlichen Interessen ausgerichtet – nicht aus Mitgefühl, sondern aus wirtschaftlichem Kalkül.
Wir dürfen uns nicht von hübschen Etiketten und wohlklingenden Stufen blenden lassen. Solange das Tier nicht als fühlendes Individuum geachtet wird, sind alle Haltungsformen unzureichend. Ein wirklich tiergerechtes Leben ist eines, in dem Tiere leben dürfen – nicht nur ein bisschen weniger leiden.
🚨 Unsere Ansicht:
Keine Haltungsform – auch nicht Bio oder Freiland – ermöglicht dem Schwein ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit.
Der Unterschied liegt im Ausmaß des Leids, nicht in seiner Abwesenheit.
Echte Tierliebe bedeutet:
➡️ nicht besser halten, sondern
➡️ gar nicht töten.
🐷 Schweine vor der Massentierhaltung – Ein Leben mit mehr Würde?
Bevor Schweine in den Systemen der industriellen Massentierhaltung verschwanden, lebten sie auf kleinen Höfen – oft im engen Kontakt mit den Menschen. Sie wurden nicht in dunkle Ställe gepfercht, sondern konnten wühlen, sich suhlen und an der frischen Luft leben. Ihr Futter bestand meist aus Resten vom Hof – sie waren Teil eines natürlichen Kreislaufs, nicht Teil einer Hochleistungsmaschinerie.
Natürlich bedeutete auch diese Haltung am Ende den Tod – und auch damals wurden Schweine für den menschlichen Verzehr gehalten. Doch was sich grundlegend unterschied: Sie waren Individuen, keine Nummern. Ihre Lebenszeit war nicht automatisch ein Leiden.
Heute hingegen leben Schweine fast ausschließlich in vollautomatisierten Ställen – ihre natürlichen Bedürfnisse werden systematisch ignoriert. Kaum Platz, keine frische Luft, keine Erde unter den Füßen. Die Würde, die man ihnen früher wenigstens ansatzweise ließ, wurde durch Effizienz ersetzt.
Als Tierrechtler:innen sehen wir auch in der früheren Haltung nicht die Lösung – aber sie erinnert uns daran, dass ein anderes Miteinander möglich war. Und dass es auch heute möglich ist, sich gegen Ausbeutung und für Mitgefühl zu entscheiden.
1. Konventionelle Stallhaltung / Massentierhaltung (Haltungsstufe 1)
Platzangebot:
🔸 0,75 m² pro Schwein ab 110 kg
Beschreibung:
Enge Spaltenböden, kein Stroh
Künstliche Beleuchtung, keine Außenreize
Kastenstände für Muttersauen üblich
Kein Auslauf, keine Suhle
Bewertung:
🔴 Extrem beengte Verhältnisse – Tiere können sich kaum bewegen
🔴 Verhaltensstörungen wie Schwanzbeißen, Apathie, Aggression
🔴 Ein Leben ohne Würde, ohne Freiheit, ohne Erfüllung
🔴 Minimale Haltungskosten = maximales Leid
2. Stallhaltung Plus (Haltungsstufe 2)
Platzangebot:
🔸 0,825 m² pro Schwein ab 110 kg (10 % mehr als Stufe 1)
Beschreibung:
Geringfügig mehr Platz, meist Strohspielzeug
Häufig weiterhin Spaltenboden
Kaum Unterschiede zur Stufe 1
Bewertung:
🟠 Kosmetische Veränderung, kein echter Fortschritt
🟠 Spaltenböden & Kastenstände bleiben Realität
🟠 Illusion von Tierwohl, um Verbraucher zu beruhigen
🟠 Leid bleibt systemimmanent
3. Außenklimastall (Haltungsstufe 3)
Platzangebot:
🔸 1,1 m² pro Schwein ab 110 kg
🔸 Zugang zu einem Außenklimabereich (z. B. über Lüftungsschlitze oder offene Wandseite)
Beschreibung:
Strukturierterer Stall, Stroh möglich
Stallklima natürlicher
Kein Freigelände
Bewertung:
🟡 Etwas mehr Bewegungsfreiheit – aber:
🟡 Schweine bleiben eingesperrt
🟡 Kein Zugang zur Erde, kein Sonnenlicht
🟡 Etwas weniger schlecht ist nicht gleich gut
4. Freilandhaltung / Auslaufhaltung (Haltungsstufe 4)
Platzangebot:
🔸 1,5 m² pro Schwein im Stall
🔸 mind. 1,3 m² pro Schwein im Auslauf (insgesamt also ca. 2,8 m²)
🔸 In Bio-Freilandhaltung zusätzlich mind. 1,0 m² Suhl-/Wühlfläche pro Tier draußen
Beschreibung:
Zugang zu Außenbereich, Wiese oder Erdboden (selten)
Beschäftigungsmaterial & Stroheinstreu vorgeschrieben
Kleinere Gruppen, tierfreundlichere Betreuung
Bewertung:
🟢 Bessere Bedingungen – aber nicht leidfrei
🟢 Kein natürlicher Sozialverband, kein lebenslanges Leben
🟢 Schlachtung bleibt Schicksal – oft stressreich
🟢 „Besser gehalten“ heißt nicht „besser behandelt“
5. Bio-Haltung (z. B. Bioland, Naturland, EU-Bio)
Platzangebot:
🔸 1,5 m² im Stall
🔸 mind. 1,2 m² Auslauf pro Tier, teils mehr
🔸 Muttersauen: min. 6,5 m² (innen) und 2,5 m² (außen)
Beschreibung:
Keine präventiven Antibiotika, Bio-Futter
Suhle & Auslauf vorgeschrieben
Züchtung & Schlachtung bleiben aber dieselben
Bewertung:
🟢 Deutlich artgerechtere Haltung
🔴 Aber: Auch hier endet das Leben früh im Schlachthaus
🔴 Tier bleibt Produkt, nicht Individuum mit Lebensrecht
🔴 Kein Leben in Freiheit oder Selbstbestimmung möglich