„… sagt man nicht, Scheiße macht man!“ So hieß es in meiner Kindheit, als das Wort „Scheiße“ noch ausgesprochen verpönt war. Nachdem Horst Schimanski in der Tatort-Serie das Wort salonfähig gemacht hat, war es damit aber vorbei. Scheiße überall. Und in englischen Serien hört man deutsche Charaktere auch gerne dieses Wort in den Mund nehmen. Klingt ja auch wunderbar kräftig und hart für englischsprachige Menschen.

„Was vorne reinkommt, kommt hinten auch wieder raus.“ Ein Naturgesetz, spaßig umschrieben. Und deswegen dreht sich dieses Posting auch genau darum. Die Kehrseite im Leben mit Großtieren. Denn unsere Lieblinge haben eben keine Toilettenspülung und ziehen sich auf ein stilles Örtchen zurück.

Schweine sind große Tiere. Unsere drei Schweine haben zwischen 250 und 300 kg, wobei Freya als Sau das geringste Gewicht hat. Und natürlich fällt da auch eine Menge Scheiße an. Logisch, oder?

Als verantwortungsbewusster Schweinepapa gehe ich daher 1–2-mal am Tag einsammeln. Mit dem sogenannten “Stallboy”, der meines Erachtens aber auch „Weideboy“ heißen könnte, denn das Einsammeln beschränkt sich nicht nur auf den Stall – denn bei Schweinen findet man da selten eine Hinterlassenschaft vor.

Nun sieht man in der Landwirtschaft aber keinen Bauer hinter seinen Tieren auf der Wiese etwas einsammeln. Wissen Landwirte also mehr als wir Tierliebhaber? Nein, natürlich nicht. Landwirte haben in der Regel mehr Platz und mehrere Weiden. Und lassen die Tiere auch nicht ganzjährig auf Wiesen – wenn überhaupt. Da kann man Weidepflege auch anders „betreiben“.

Aber wir privaten Tierhalter haben nur begrenzten Raum. In Neuschoo haben wir noch relativ viel Platz für unsere Schweine. Mehr als 4500 m² Platz für 3 Schweine ist leider nicht die Regel, eher die gute Ausnahme. Viele Schweine in der privaten Tierschutzhaltung haben deutlich weniger Platz.

Das bedeutet auch: weniger Platz für Scheiße. Mehr Tiere auf weniger Platz heißt: Die Tiere laufen über den Tag verteilt durch ihre Haufen, „schlurfen“ sie über den Boden, treten es fest und bei ganz miesem Wetter verschwinden die Haufen im tiefen Schlamm.
Am Ende bedeutet das für die Tiere auf einem solchen Gelände ein Leben in ihrer eigenen Scheiße, wenn der Tierhalter nicht penibel jeden Tag alles einsammelt.

Je geringer das Platzangebot, desto weniger Chance hast Du, den Auslauf nicht in eine großräumige Toilette zu verwandeln. Ein Umstand, den viele Tierretter bedauerlicherweise nicht im Hinterstübchen haben, wenn sie noch ein weiteres Tier aufnehmen, weil sie nicht gelernt haben, „Nein“ zu sagen.

Scheiße riecht man nicht auf Fotos oder in Videos. Den Zustand eines Geheges erkennt man nur vor Ort. Braun und karg, matschig und verlatscht ist kein gutes Zeichen. Die Tiere leben ihr ganzes Leben in diesem Gehege. Deswegen ist die Pflege dieses Geheges unendlich wichtig. Und: Platz ist nur durch mehr Platz zu ersetzen.

Ich spiele daher jeden Tag auf unserer Weide „Reverse Minigolf“ und sammel die braunen Kügelchen ein. Die oft schön in einem tiefen Loch oder Hufabdruck reingerollt sind. Es ist eine Pflicht, der ich jeden Tag nachkomme – egal bei welchem Wetter. Es geht einfach nicht anders.

Denn: wenn es bei einer Tierhaltung riecht, stimmt etwas nicht. Dann wird dieser Pflicht nicht ausreichend nachgekommen oder es ist einfach zu wenig Platz da. Und wenn es für uns Menschen schon riecht – wie muss es dann erst für die Schweine stinken?

Im Tierschutz und Tierrecht betonen wir immer wieder die Intelligenz der Schweine und ihren wunderbaren Geruchssinn. Holen sie aus den Kerkern der Massentierhaltung, wo sie im wahrsten Sinne über ihrer Scheiße stehen. Daher dürfen wir die Intelligenz und den Geruchssinn niemals vergessen, wenn es darum geht, geretteten Schweinen ein würdiges Leben zu bieten.

Im letzten Jahr habe ich auf die harte Tour gelernt, dass durch „Nein-Sagen“, aus welchem Grund auch immer, Freundschaften und Beziehungen auseinanderbrechen können. Ein viertes Schwein hätte hier nicht mehr hingepasst. Der ganze Ablauf in der Geschichte war richtig, richtig Scheiße. Und fühlt sich heute auch noch richtig Scheiße an. Nein-Sagen ist Scheiße.

Aber jedes Mal, wenn ich höre, dass man hier doch mehr Schweine unterbringen könnte, denke ich an das Nein und die Scheiße aus dem letzten Jahr. Meinen Schmerz über das Erlebte und die Konsequenzen, die dieses Nein mit sich brachten.

Heute, fast ein Jahr danach, bin ich aber unendlich froh, dass Freya, Loki und Gandhi nur zu dritt sind. Wir keine Kompromisse eingegangen sind und ich am Ende auf mein Herz und meinen Verstand gleichzeitig gehört habe. Mich durchgesetzt habe und die Schmerzen in Kauf genommen habe. Und unsere Schweine auf einem Gelände leben, das ihren Bedürfnissen halbwegs gerecht wird. Weil sie es verdient haben.

Alles andere wäre echte Scheiße.

Ein voller Stallboy